Weihnachtszeit im Kindergarten

Weihnachtszeit im Kin­der­gar­ten

Und da war noch ein In­ter­view zum Thema ...

...Weihnachtszeit im Kin­der­gar­ten

Ein Beitrag unserer Kolumnistin C. Eißing

Ich freue mich sehr für das heutige In­ter­view Ben und Adeena gewonnen zu ha­ben, die spontan bereit waren über die fröhliche Weihnachtszeit in ihrem un­ge­wöhn­li­chen Kinder­garten zu be­rich­ten.

C: Ben und Adeena, wie schön, dass ich euch in eurem festlich geschmückten Kindergarten besuchen darf. Was ist das Besondere an dieser Einrichtung?
A: (lächelt) Wir finden eigentlich nicht, dass unser Kindergarten etwas Be­son­de­res ist. Ganz im Gegenteil, alle Kin­der­gär­ten sollten nach unserer An­sicht so sein, freundlich und offen für Je­den.
B: Ja, das stimmt. Ich versuche mal es genauer zu erklären. Zunächst einmal gehört dieser Kindergarten tatsächlich uns, das heißt, er ist vor Jahren aus einer privaten Elterninitiative entstanden und ist nicht Teil einer kirchlichen oder staatlichen Organisation. Selbst­ver­ständ­lich mussten alle Vor­aus­set­zun­gen des Bundeslandes er­füllt werden, seien es fachliche, si­cher­heits­tech­ni­sche oder Hygiene-Maß­nah­men usw. Der große Vorteil ist, dass wir selbst entscheiden können, wie wir den Kindergarten führen.
A: Oder besser gesagt, welcher Gedanke ihm zugrunde liegt, denn wir sind einer der wenigen multikulturellen, in­te­gra­ti­ven Kindergärten.

C: Das klingt interessant. Was verbirgt sich genau dahinter?
A: Um es auf einen Nenner zu bringen: Wir heißen JEDES Kind herzlich will­kom­men, völlig unabhängig von Her­kunft, Konfession und Le­bens­um­stän­den.
C: Was genau meinst du mit Le­bens­um­stän­de?
B: (grinst) Der Kindergarten muss natürlich kostendeckend arbeiten, sonst funktioniert unser Konzept auf die Dauer nicht. Anders als bei städtischen oder kirchlichen Kindergärten müssen die Eltern einen eigenen, etwas höheren Beitrag leisten. Nun sind nicht alle Eltern sogenannte Besserverdiener, die sich sogar elitäre Einrichtungen leisten könnten. Darum haben wir gemeinsam beschlossen, dass selbstredend auch Kinder von sogenannten Nor­mal­ver­die­nern gern zu uns kommen kön­nen. Dafür erbringen deren Eltern ein­fach mehr Eigen­leis­tung bei Gar­ten­ar­beiten, beim Putzen, Renovieren oder als zusätzliche Tagesbetreuung. Also eigentlich eine ganz simple Me­tho­de, die seit nunmehr 6 Jahren er­folg­reich funktioniert.
C: Das ist beeindruckend. Und machen die Eltern wirklich mit?
A: Ja, wir hätten selbst nicht gedacht, dass es auf Dauer klappt. Aber es funktioniert tadellos. Eigeninitiative, En­ga­ge­ment, Verständnis ... all die Din­ge, die wir gern den Kindern vorleben und an sie weiterreichen möchten.
C: Kommen wir nochmal zurück auf eure zwei Grundgedanken: multikulturell und integrativ. Was versteht ihr im Einzelnen darunter?
A: Integrativ heißt für uns ganz klar, dass wir zum Beispiel auch behinderte Kinder aufnehmen, solange wir deren Be­hin­der­ung händeln können. Vielleicht sol­lte ich das näher erläutern. Ben ist studierter So­zial­psy­cho­loge. Ich bin gelernte Kin­der­kran­ken­schwester.

C: Gute Voraussetzungen also.
B: Genau. Wir haben eine ganze Weile überlegt, ob wir beide das wirklich schaffen. Es bedeutet mehr Arbeit und noch mehr Verantwortung. Irgendwann sagten unser Verstand und unser Gefühl, dass wir genau das wollen: Ein Haus voller Leben, Wärme und Geborgenheit für ALLE Kinder. Aber ohne die Unterstützung der Eltern und unserer Mitarbeiter hätten wir es vermutlich nicht geschafft.
A: Ja, Gemeinschaft ist ein großes Thema bei uns. Und ich bin dankbar, dass wir nicht als Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, sondern als Partner für das Wohlergehen und die Er­zieh­ung der Kinder sorgen dürfen.
C: Vielleicht mögt ihr etwas aus eurem Alltag erzählen?
B: Wir haben zur Zeit zwei Gruppen mit je 11 Kindern. In die Froschgruppe integriert ist Lisa, ein Mädchen von knapp 4 Jahren mit Down-Syndrom. In der Elefantengruppe haben wir Amar aus Afghanistan mit erheblicher Geh- und Greifbehinderung und Fabian mit Angst­stö­rung. Die Gruppennamen be­stim­men die Kinder übrigens selbst je­des Jahr auf's Neue.
(Anmerkung: Die Namen der Kinder wurden selbst­ver­ständlich geändert.)
A: (lacht) Im letzten Jahr waren es Dinosaurier und Hirsche. Hatten nicht sogar einmal Fliegen? Gar nicht so einfach die speziellen Wünsche zu erfüllen, aber das ist tatsächlich gelebte Demokratie. Ich erzähle am besten mal, wie so ein Tag in der Vorweihnachtszeit bei uns aussieht.

C: Ich kann mir vorstellen, dass in einem multikulturellen Kindergarten manches anders gehandhabt wird, sei es Sankt Martin, Nikolaus oder ähnliches.
A: Das ist richtig. Wir feiern nicht Weihnachten mit Engelchen oder Weihnachtsmann mit Rauschebart. Im vergangenen Jahr gab es statt dessen ein großartiges Sternenfest. Und gemeinsam mit den Eltern haben wir beschlossen in diesem Jahr ein Lichterfest zu veranstalten. Das wird herrlich! Die Kinder sind mit Feuereifer dabei zu basteln und zu schmücken, überall Lichterketten und Lampions aufzuhängen, kleine Teelichthalter aus Glitzer-Alufolie als Geschenke für ihre Familien zu falten und tausend andere Ideen umzusetzen. Ach ja, eine Art Musical wird auch noch geprobt. Das erste Kind, welches morgens kommt, darf das erste LED-Licht im Gruppenraum anknipsen, wir haben ja aus Sicherheitsgründen nur eine einzige echte Bienenwachskerze hinter Glas. Und das Kind, welches den Kindergarten als letztes verlässt, darf das letzte Licht löschen. Das ist unser tägliches Ritual, und die Kinder lieben es.
C: Es sieht schon jetzt wirklich überwältigend aus, und Licht ist ja in jedem Kulturkreis ein ganz wichtiger Faktor, gerade in der dunklen Jahreszeit.

B: (nickt) Kinder tragen das Licht in unsere Welt. Und darauf kommt es doch an. Nicht der Konsum und Kommerz ist wichtig, sondern das Zusammensein und Zusammenhalten, gerade wenn die Tage dunkler werden. Und das meine ich durchaus auch im übertragenen Sinn.

C: Liebe Adeena, lieber Ben, ich wünsche euch eine wunderschöne Zeit und sage vielen Dank für dieses wortwörtlich 'erhellende' Gespräch.

Unsere Kolumnistin

Claudia Eißing


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