Kirchenbesuch

Besuch der evangelischen Hauptkirche Rheydt

   20. März 2023

Am 20. März hatten wir, die Städtetourer, die Gelegenheit, die evangelische Hauptkirche am Marktplatz Rheydt zu besuchen. Pfarrer Stephan Dedring hatte die Freundlichkeit, uns 1,5 Stunden seiner Zeit zu widmen, um uns durch dieses schöne Gotteshaus zu führen und einige Einzelheiten nahezubringen.

Als Gebäude ist die Kirche noch jung. 1902 wurde sie, nach nur drei Jahren Bauzeit unter der Leitung des berühmten Kir­chen­ar­chi­tek­ten Johannes Otzen, fertiggestellt. Aber natürlich hat sie eine lange Tradition, die mehrere Jahrhunderte zu­rück­weist. Ursprünglich als katholische Kirche gebaut, wurde das Vorgänger-Gotteshaus 1587 eine Kirche für die Protestanten. Das war das Ergebnis des Augsburger Religionsfriedens, der zur Beendigung der Streitereien um die Religion der jeweiligen Landeskinder verfügte, der Landesherr bestimme die Frage, welcher christlichen Glaubensrichtung seine Untertanen zu folgen hatten. Und Rheydt, als Jülicher Unterherrschaft mit den Häusern Quadt und Bylandt, war evangelisch. Diese alte Hauptkirche wurde 1899 abgerissen als zu klein für die wachsende Gemeinde. Es blieb nur wenig übrig von dem vertrauten Gebäude, zur Betrübnis vieler Gemeindemitglieder. Aber der Architekt Otzen wollte auch das Alte bewahren. So finden sich die alten Statuen als Bilder im Eingangsbereich wieder und 4 Säulen mit ihren Kapitellen aus dem alten Haus schmücken den Vorraum. Überhaupt der Vorraum. Anders als üblich hat die Hauptkirche kein Westportal, aber im Westen eben diesen Vorraum, konzipiert als Wartehalle, um sich sammeln zu können für den Kontakt mit Gott. Sie soll ein protestantischer Pilgerweg sein. Man richte den Blick nach oben und erblicke die Sterne, die nur da die Rippen der Deckenbögen schmücken. Das ist der Zugang zum eigentlichen Kirchenraum, den Otzen nach dem „Wiesbadener Programm“ konzipiert hatte. Das Wichtige in der evangelischen Kirche ist die Verkündigung des Wortes an die Gemeinde. Deshalb ist die Kanzel auf dem Altar, ist die Anordnung der Sitzbänke auf den Altar hin ausgerichtet, in den Seitenschiffen stehen die Bänke quer. Der Kirchenraum ist der Versammlungsort der Gemeinde. Alles für die Gemeinde Wichtige ist zentralisiert auf den Altar zu, die Verkündigung des Wortes, das Beten aufeinander zu, Taufe, Trauung. So findet die Orgel wieder Platz im Westwerk, von wo sich der Ton besser im Raum verteilt.

Der Kirchenraum ist voller Symbolik, die aufeinander aufbaut. So erscheint die Taube als Symbol des Heiligen Geistes zweimal, einmal aufsteigend, einmal absteigend, um das Innerste des Menschen auszufüllen. Oder es findet sich der Davidstern als Verweis auf die Herkunft des Christentums, die Passionsblume und etliches mehr. Diese Bilder und Ausschmückungen zieren die Kirche als Rekonstruktion erst wieder seit 2004, nachdem in den 60er Jahren die Kirche „reformiert“ wurde, möglichst nüchtern sein sollte. Weiße Wände sollten die Gemeinde von Ablenkungen fernhalten, die schöne Ausschmückung von 1902 wurde teilweise abgekratzt. Spenden der Gemeinde und Fördermittel der EU ermöglichten die Wiederherstellung des alten Zustandes, bis auf die Fenster.

Ein Prunkstück der Kirche ist die kostbare Sauerorgel, die einen noch besseren Klang hat als die zweite verbliebene Sauerorgel in Leipzig. Wir zogen alle auf die Orgelempore, wo Pfarrer Dedering uns die Funktionen der Teile der Orgel erklärte und demonstrierte. Er könnte sein eigener Kantor sein! Die Orgel hat 42 Register und über 3000 Pfeifen, von 5,20 m bis 2,5 cm Höhe. Das ergibt einen herrlichen Klang, was immer wieder in Konzerten in der Kirche zu bewundern ist. Mit einer Einladung zu diesen Konzerten schloss Pfarrer Dedring seine Erklärungen, für die wir uns herzlich bedanken. Wir haben es sehr genossen.

Elke Hochheimer