Rentier
Morgens bei Rente
Heute als Gastbeitrag eine Glosse von Wolfgang Schmidt
Ich weiß nicht wie die Situation bei Ihnen ist, müssen sie noch arbeiten?
Ich bin ja Privatier, also Rentier, Altersgeldberechtigter, sprich von der mausgrauen Fraktion.
Früh, nach einer unruhigen Nacht wegen unmotivierten Harndrangs, bin ich nach dem Schlagen der ersten Autotüren und dem Klappern im Treppenhaus nur noch im Halbschlaf.
In dieser Phase ereilen mich oft chaotische Träume, teils noch in der alten Arbeitswelt spielend - schrecklich.
Aber heute ist alles friedlich geblieben.
Um halb-acht spring ich dann aus den Federn und bemerke die Arthrosen. Nach einigen Metern bin ich auf zwei Beinen und der Rest Gelenkschmiere ist an Ort und Stelle und es geht wieder - sprichwörtlich.
Über die Ergebnisse auf dem Örtchen schweigt der höfliche Chronist.
Das Frühstück ist rasch angerichtet und die Morgenzeitung liegt parat. So kann der Tag beginnen, alte Brötchen und Nachrichten werden aufgewärmt.
Da erscheint auch meine Frau. Ist es der Kaffeeduft oder eine Hitzewallung, irgendetwas muss sie im Tiefschlaf irritiert haben. Jedenfalls zeigt sie sich pur und unmaskiert dem neuen Tag und mir.
Nach gemeinsamem Konsum der veralteten Druckinformationen und dem luftigen Bäckereierzeugnis steht das allmorgendliche Duell auf dem Plan.
Skip-Bo. Spiel von 0-99 Jahren.
Das ist noch knapp unsere Zielgruppe.
'Samuel, hilf!', das Spieler-Stoßgebet wird gemurmelt. Es wirkt mal auf dieser Seite des Tisches, mal auf der anderen. Ein wirkliches Schema konnte ich noch nicht entdecken. Ich glaube, er entscheidet spontan. Wie auch immer, es geht jedenfalls um die Ehre und zwischendurch ums Kaffeeholen, von der italienischen Brühmaschine. Das ist prinzipiell nach Knopfdruck und martialischem 'Chrchrchrrr' schnell erledigt. Öfters aber, sind zuvor Servicekommandos der Apparatur abzuarbeiten. 'Wasserbehälter füllen', 'Kaffeebohnen auffüllen', 'Kaffeesatzbehälter leeren', 'Entkalken'! Dann stockt der geregelte Ablauf in Anbetracht dieser frühen Aufgaben entscheidend und der harmonische Tagesablauf ist gefährdet.
Der Kampf am Tisch ist oft hart, es werden keine Gefangenen gemacht und es gibt kein Unentschieden bei Skip-Bo.
Naja. Letztendlich egal ob Sieg, ob Niederlage.
Nun braucht es Entspannung, ab in die Badewanne. Ich allein natürlich, was denken Sie denn. Aber das ist ein ganz anderes Thema.
Ich bade nicht täglich, aber immer öfter. Bevor man den alternden Stoffwechsel durch die Poren wittert, heißt es: schnell einweichen. Auch die Gelenke schreien 'Hurra', kein Druck von oben.
Dennoch steht eine der ersten, wichtigen Entscheidungen des Tages an.
Nehme ich 'Glückliche Auszeit', oder 'Zeit der Träume' als Badezusatz.
Gar nicht so einfach. Entschließe mich für einen guten Kompromiss, halbe-halbe.
'Glückliche Auszeit der Träume' kommt doch irgendwie hin, oder?
Schaumige Grüße.