Schuhe aus

Schuhe aus ...?

Und da war noch …

... die Sache mit dem 'Schuhe aus ...?'

Ein Beitrag unserer Kolumnistin C. Eißing

Unlängst ging es bei einem Familienfest plötzlich hoch her, die Stimmung schwankte, die Geister schieden sich, und manche Gemüter heizten sich nahezu unversöhnlich auf.

Die diese Debatte auslösende Frage lautete konkret:
Soll man in fremden Wohnungen die Schuhe ausziehen?
Oder umgekehrt:
Kann man dies von Besuchern automatisch erwarten bzw. darf man sie im Zweifel dazu auffordern?
Oder noch viel schwieriger:
Sollte man Besucher lieber dringend davon abhalten sich der Schuhe zu entledigen? Weil vielleicht

  1. Hausschuhe nicht in allen gängigen Größen vorhanden sind
  2. der Fußboden nicht picobello sauber ist, da man wahlweise haarende Haustiere und / oder sabbernde Kleinkinder und/oder krümelverteilende Mitbewohner hat
  3. die Vorstellung stinkender Teenager-Füße oder fußpilzgeschwängerter Socken in uns das blanke Entsetzen wachruft

Wie meine kleine Umfrage quer durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten ergab, ist die Ansicht über das 'Schuhe aus' sehr gespalten.

Gehen wir die Sache mal systematisch an:
In den meisten Kulturen der Welt ist es üblich, beim Betreten des Hauses die Straßenschuhe auszuziehen, um den Dreck nicht ins Innere zu schleppen. In Asien, Russland, Skandinavien und den meisten arabischen Ländern gilt daher: Schuhe aus, keine Diskussion. In Japan trägt man im Haus Socken, in Küche und Bad hingegen spezielle Feuchtraum-Schlappen. In Spanien und Italien wiederum: undenkbar, die Schuhe bleiben an.
Und in Deutschland: gespalten in West (eher an) und Ost (eher aus) und zudem abhängig von spezifischen Familientraditionen.

Aha.

Das kann natürlich zu Komplikationen führen, da hier zwei Formen der Höflichkeit aufeinander prallen.
Die des Gastgebers, der es seinen Gästen so angenehm wie möglich machen will, sowie die des Gastes, der die Hausgesetze beachten möchte.
Und weil dies bei uns in Deutschland nicht geregelt ist, wird die Situation jedes Mal zum Balanceakt. Denn selbst wenn man einen Haushalt besucht, der an der Haustür einen Pantoffelberg bereithält: Für die einen ist das Schuhausziehen ein Akt der Höflichkeit, für die anderen eine ungebührlich familiäre Geste, die ausschließlich guten Freunden vorbehalten ist.

Und was jetzt?
Nichts jetzt. Kein Knigge, keine Lösung.
Nur Sonderfälle (Heizungsableser und Schornsteinfeger, wobei neuerdings oft blaue OP-Überzieher mitgebracht werden), penible Abwägung aller Faktoren (Matschwetter? Heller Teppichboden?) – und die allumfassende menschliche Erkenntnis:
Je nachdem. Kommt drauf an. Muss man dann sehen.

Unsere Kolumnistin

Claudia Eißing


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