Weihnachtsrummel im Supermarkt
Und da war noch ein Interview zum Thema ...
...Weihnachtsrummel im Supermarkt
Ein Beitrag unserer Kolumnistin C. Eißing
Jedes Jahr das Gleiche: Ab Anfang September geht es los, und Deutschlands Supermärkte räumen Spekulatius, Dominosteine und Lebkuchen in die Regale. Damit hat das Weihnachtsgeschäft offiziell begonnen.
Doch wie erleben die Kassierer*innen die Weihnachtszeit? Können sie vor lauter hektischem Getöse um sie herum überhaupt noch friedlich-freundliche Gedanken an Weihnachten hegen? Um das zu klären, habe ich Ulrike, die Tochter einer Freundin, befragt, die seit Jahren in einem großen Supermarkt die Kassenaufsicht führt.
C: Hallo Ulrike, wie nett von dir deine Erfahrungen mit uns zu teilen.
U: Das mache ich sehr gern. Vielleicht ändert sich ja tatsächlich dadurch sogar etwas am Verhalten der Käufer*innen in der Weihnachtszeit. Soviel unnötiger Stress und Hektik, das zerrt wirklich an den Nerven!
C: Damit sind wir schon mitten im Thema.
Wie kommt es, dass die Weihnachtsartikel immer früher in den Handel kommen? Will der Verbraucher wirklich im September schon Spekulatius knabbern?
U: Ja, das ist tatsächlich so!
Spekulatius, Lebkuchen und dergleichen kann man in der Regel für den Rest des Jahres nicht kaufen. Wenn sie dann aber plötzlich in den Regalen stehen, können nur die Wenigsten widerstehen, die Süßigkeiten zu kaufen, auch wenn sie sich vorher darüber aufgeregt haben. Manchmal sind tatsächlich einige Produkte bereits vor Weihnachten komplett ausverkauft. So ist das übrigens auch an Ostern – Ostersüßigkeiten werden oft schon im Februar verkauft.
C: Du hast ja selbst jahrelang an der Kasse gesessen, bevor du die Aufsicht übernommen hast. Wie war dieser ganze Weihnachtsrummel eigentlich für dich? Hast du nicht nach ein paar Stunden Gedudel und Geklingel und Gequassel die Nase voll von unzufriedenen Kunden?
U: (lacht) Ja, man hat tatsächlich manchmal die Nase voll und kann den Lärm einfach nicht mehr ertragen. In einer guten Schicht piept der Barcodescanner ungefähr 1800 Mal in der Stunde. Pausenlos Produkte übers Band ziehen, Geld kassieren, aufpassen, dass nichts geklaut wird und gleichzeitig immer freundlich lächeln. Übrigens, wenn Personalengpass herrscht, bin ich natürlich auch an einer Kasse zu finden.
C: Ich kann mir vorstellen, dass das sehr anstrengend ist!
U: Aber das ist nun einmal der Job! Und wir sind angehalten jedem Kunden freundlich und höflich zu begegnen. Eigentlich selbstverständlich, oder? Und wir sind froh über die Stammkunden, mit denen man auch mal ein paar nette Worte wechseln kann.
C: Aber was ist mit den ewigen Nörglern und Dränglern, die keine Zeit haben und schlechte Laune verbreiten. Wie geht man damit um?
U: Das kommt vor ... und nicht gerade selten! Jeder meint scheinbar, dass es morgen nichts mehr zu kaufen gibt. Es wird geschubst und sich lautstark beschwert, wenn nur vier Kassen geöffnet sind. Da muss man durch, lächeln, sich nicht aus der Ruhe bringen lassen ... und zur Not die Kassenaufsicht rufen. Auch dafür sind wir da. Die Situation klären, deeskalativ wirken heißt das, und auch mal den Kassierern und Kassiererinnen den Rücken stärken, denn sie sitzen wirklich in vorderster Linie und müssen sich so manches anhören.
C: Wie machst du das genau? Hast du so etwas bei einem Motivations-Seminar gelernt?
U: Motivations-Seminare sind eine prima Sache, aber die Realität sieht nun mal anders aus. Da ist keine Zeit für lange Gespräche oder sogenannte gruppendynamische Aktionen (grinst). Aber eine Sache habe ich eingeführt, ganz besonders zur Weihnachtszeit, wenn alle eine kleine Aufmunterung besonders nötig haben.
C: Jetzt bin ich aber gespannt.
U: Einmal in der Woche frühstücken wir alle zusammen vor der Arbeit, meistens mittwochs, da ist der Markt nicht ganz so voll. Die Geschäftsleitung spendiert Brötchen mit Aufschnitt oder Käse, Kaffee usw., und wir plaudern einfach nur ein gutes Viertelstündchen. Keine Eile. Niemand, der etwas von uns will. Und dann singen wir.
C: (erstaunt): Singen? Du? Etwa 'Last Christmas'?
U: Bloß nicht, das kann ich nicht mehr hören ... und bevor du fragst 'Oh Tannenbaum' auch nicht. Ja, lach nur. Wir singen ein einziges Lied. Das muss nichts Weihnachtliches sein. Jeder grölt und schmettert so laut er kann, und dann geht’s an die Arbeit …. mit einem Lächeln im Gesicht.
C: Eine tolle Idee! Das klingt nach einem guten Start in den Tag. Und wie wirst du die Feiertage verbringen?
U: Wie immer im Kreis der Familie; kein Stress, keine Hektik, kein großes Tamtam, einfach nur gemütlich.
C: Liebe Ulrike, ich danke dir für das aufschlussreiche Gespräch und wünsche dir vor allem eines: RUHIGE Weihnachten!